Richtstätte des Landgerichtes Oberfladnitz
Schloß Thannhausen war seit dem 17. Jahrhundert der Sitz des Landgerichtes, das ist jenes Gericht, das für schwere Strafsachen zuständig war. Solche waren alle Gewalttaten, bei denen Blut austrat, dann Hexerei, Notzucht, Brandstiftung, schwerer Diebstahl oder Landfriedensbruch. Sichtbarer Ausdruck der Landgerichtsbarkeit war die Existenz eines feststehenden Richtplatzes, der meist mit einem im Boden verankerten Galgen ausgestaltet war. Das hinderte allerdings nicht daran, andere Strafen, wie Köpfen oder Verbrennen, an anderen Plätzen zu vollziehen. Mit der Aufhebung der Todesstrafe unter Joseph II (1780-1890) erging auch der Befehl, sämtliche Galgen, auch "Rabensteine" oder "Hochgerichte" genannt, zu vernichten: meist bestand dies darin, dass die Erhaltung dieser Einrichtungen eingestellt wurde.
Die Grundlage des Verfahrens vor dem Landgericht war vor der Erlassung der Steirischen Landgerichtsordnung 1574 das ungeschriebene Gewohnheitsrecht. Die Steirische Landgerichtsordnung wurde 1768 durch die Constitutio Criminalis Theresiana (Theresianische Halsgerichtsordnung), eine für alle österreichischen Länder gleiche Ordnung, abgelöst, bis dann das Josephinische Strafgesetzbuch von 1786 und die Kriminalgerichtsordnung von 1787 einen neuen Weg einschlug, der über die Strafgesetzbücher von 1803 und 1854 zum jetzt gültigen Strafgesetzbuch von 1974 führte.
Das Verfahren vor dem Landgericht kam entweder durch eine Anzeige oder auch von Amts wegen in Gang. Nach den Vorerhebungen, bei denen im Fall des Leugnens des Beschuldigten die Folter zur Anwendung kommen konnte, wurde der Verhandlungstermin angesetzt, der grundsätzlich öffentlich war. Dort wurden die vorliegenden Beweise nocheinmal erörtert und nach einer Beratung von Richter und Gericht hinter verschlossenen Türen in der Öffentlichkeit das Urteil gefällt. Der Richter befragte jeden der Urteiler und bei der Bejahung der Schuldfrage wurde das Todesurteil durch Brechen eines Stabes verkündet. Der Beschuldigte hatte im Verfahren keinen Rechtsvertreter, der Richter war Ankläger, Richter und Verteidiger in einer Person. Juristisch beraten lassen konnte man sich als Beschuldigter, soferne man es sich leisten konnte.
Die Protokollbücher des Landgerichtes Thannhausen sind zum Teil noch erhalten. Aus dem Protokollbuch 1770-1810 lassen sich zwei Beispiele präsentieren:
Eine Kindesmörderin aus Albersdorf bei St. Ruprecht wurde am 17. März 1776 verhaftet, am 13. September wurde das Todesurteil verkündet und am 1. September durch Abschlagen des Kopfes und der rechten Hand vollzogen. Der Körper wurde in eine Grube unter dem Galgen gelegt, mit einem Pfahl durchbohrt, Kopf und Hand wurden zur Abschreckung ausgestellt.
Ein Keuschlersohn aus Ginabelkirchen wurde wegen wiederholten Diebstahles festgenommen und am 4. Juli 1777 dem Landgericht eingeliedert, am 3. Dezember stand bereits des Todesurteil fest und nach einem fehlgeschlagenen Gnadengesuch an den allerhöchsten Vogt wurde er am 12. Februar 1778 gehängt.