Urteile eines Blutgerichtes
Die Urteile eines mittelalterlichen Blutgerichtes können tatspezifisch-typisch erkannt und zugeordnet werden. Es kann, wenn das Delikt bekannt ist, meist mit Sicherheit auf ein bestimmtes Urteil erkannt werden, denn die Gerichte verhängten damals zu folgenden Taten fast immer gleiche Urteile:
Meineid, Bruch der Urfehde: |
Schwurfinger abhacken |
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Zauberei, Hexerei, Münz- und Siegelfälscher: |
verbrennen |
Vergewaltigung, Notzucht, Ehebruch, Raub: |
enthaupten |
Schwere Verleumdung: |
Schandzeichen einbrennen, geißeln |
Falsche Maße: |
Schandzeichen einbrennen, Ohren abschneiden |
Giftmörder / Giftmörderin: |
gerädert / ertränkt |
Kindermörderin: |
lebendig begraben und mit Pfahl durchbohrt |
Mörder, Abtreibung, ärztliche Kunstfehler: |
enthaupten, rädern, hängen |
Verrat, Aufruhr: |
gehängt |
Schwere Diebstahl: |
hängen, Augen ausstechen, Hand abhacken |
Sodomie: |
erst geköpft, dann Körper verbrannt |
Bei der Bearbeitung der Klagen gegen Leib und Leben fällt folgendes auf: Erstens die Klage eines Einwohners gegen einen Auswärtigen. Hier genügt zu einer Anklage wegen Diebstahls oder Mord ein Zeuge und der Beklagte war so gut wie tot.
Bei einer Klage von Einwohner untereinander war das nicht mehr so einfach, denn es wurden unbedingt zwei Zeugen gebraucht. Wer hat schon zwei sichere Zeugen, wenn der lästige Nebenbuhler oder Miterbe aus der Welt geschafft werden soll? Zumal diese Zeugen »schärfer befragt« werden sollen. Da lag ein nicht kalkulierbares Risiko beim Kläger.
Hier kommt die am öftesten gebrauchte Klageform der Einwohner gegeneinander zum Vorschein: Die Anklage wegen Sodomie, dem geschlechtsverkehr mit Tieren! Diese Klageart hatte den großen Vorteil, daß man dazu nur einen Zeugen brauchte, das war natürlich der Kläger, der noch dazu keine Gegenüberstellung zu fürchten brauchte. Eine anonyme Klage also. Der Kläger mußte nur dem Richter den Tathergang auf das genaueste erzählen, was dieser - wie die vielen Protokolle zeigen - auch auf die genüßlichste Art und Weise tat. Der einzige Augenzeuge schilderte genau, was er so mit Pferden und Hühnern, mit Ziegen und und Kühen gesehen hatte. Diese Deliktform öffnete dem Denuziantentum Tür und Tor.
Bei 10 Männer waren ca. 6 wegen Sodomie, der Rest wegen Raub oder Mord hingerichtet worden.
Bei 10 Frauen waren ca. 2 wegen Sodomie, 2 wegen Diebstahl und 6 (!) wegen Kindestötung hingerichtet worden. Letztere waren ausnahmslos Dienstmägde.