Hinweis Der Inhalt dieser Seite wurde in adaptierter und teilweise gekürzter Form in [Lefna08], [Lefna10], [Lefna12a] und [Lefna12b] publiziert. Allgemeines Galgen dienten zur Vollstreckung von Todesurteilen, d.h. zum Erhängen mit dem Strang. Dabei stieg der Henker gemeinsam mit dem Delinquenten eine am Galgen angelehnte Leiter hinauf und legte diesem ein am Galgenbalken befestigtes Hanfseil mit einer Schlinge um den Hals. Der Scharfrichter stieg die Leiter hinunter und stieß sie um. Der Tod trat beim Verurteilten durch Ersticken und Blutmangel im Gehirn ein. Das manchmal praktizierte Hochziehen am Galgen bedeutete einen qualvolleren Tod. Bei den Galgen wurden aber auch andere Hinrichtungsarten wie Rädern, Köpfen, Verbrennen etc. vollzogen, Galgen waren also das Symbol der hohen (Blut-) Gerichtsbarkeit schlechthin. Hängen galt als die schimpflichste Hinrichtungsart und wurde hauptsächlich an Dieben praktiziert. Die Hinrichtungen wurden öffentlich vollzogen und zogen stets große Menschenmengen an, die das schaurige Schauspiel sensationslüstern mitverfolgten. Die Leichen der Hingerichteten ließ man bis zur nächsten Exekution oder bis sie verwest waren hängen. Dies war ursprünglich eine Kulthandlung bei der der Hingerichtete dem Windgott Odin als Speise dargebracht wurde und von dessen Boten, den Raben, aufgefressen wurde. Dieser Brauch wurde übernommen und sollte gleichzeitig den Zeitgenossen als Abschreckung dienen. Galgen waren überhaupt ein Macht- und Herrschaftssymbol: während anfänglich Bäume oder einfache Holzgalgen verwendet wurden, baute man später massive, klobige Bauwerke aus Steinen oder Ziegeln (siehe z.B. den Galgen in Kirchberg am Walde). Gebaut wurde auf kahlen Hügeln, bevorzugt neben stark frequentierten Straßen. Heute erinnern oft noch Flurnamen wie Galgenberg oder Gerichtsberg daran, allein auf der Österreichischen Karte 1:50.000 sind 42 Flurnamen "Galgenberg" eingezeichnet. Die Delinquenten, oder was nach der Verwesung noch überblieb, wurde beim Galgen oder am Schindanger verscharrt, was als besonders unehrenhaft galt. Die Constitutio Criminalis Theresiana schrieb dies explizit vor, es galt als Straferleichterung wenn den Angehörigen die Leiche des Hingerichteten überlassen wurde. Volksmeinung Beim Volk galt der Galgen einerseits als schimpflicher Platz, niemand wollte in der Nähe desselben wohnen oder auch nur, daß der Schatten des Galgens auf sein Grundstück fiel. Unter Kriminellen galt es als größtmöglicher Affront, wenn ein Dritter den Namen oder die Zinke (Symbol, ähnlich einem Steinmetzzeichen) eines anderen auf den Galgen ritzte. Andererseits galten die Überreste der Hingerichteten und der Hinrichtungsstrick als Glückbringer und Zaubermittel, die Henker betrieben meist einen regen Handel damit (über die Rolle des Henkers siehe z.B. [Neuge38]). Auch der begehrteste Talisman, der unendlichen Reichtum, Macht und Unbesiegbarkeit bringen sollte, die sagenumwobene Alraune (lat. mandragora officinarum) wuchs laut der Volksmeinung nur unter Galgen. Diese Pflanze wurde daher auch "Galgenmännlein", "Armesünderblume" oder "Henkerswurzel" genannt. Geographische Verteilung Bis Mitte des 19. Jahrhunderts gab es keine zentrale staatliche Justiz, sondern jeder Herrschaftsbesitzer konnte vom Landesherrn mit der Blutgerichtsbarkeit belehnt werden oder diese kaufen, das Land war in viele kleine Landgerichtsbezirke zerteilt. Aus dieser Tatsache erklärt sich die große Anzahl der ehemals vorhandenen Galgen. Da aufgrund der vor allem im 16. Jahrhundert einsetzenden Zersplitterung der Gerichtsbarkeit z.B. in Niederösterreich bis zu 403 Landgerichte bestanden1, kann man eine ebenso große Zahl an damals existierenden Galgen allein für dieses Bundesland annehmen, zumal laut Landgerichtsordnung von Ferdinand III. jedes Landgericht auch über einen "aufgerichteten" Galgen verfügen mußte. Interessant ist die geographische Verteilung der erhaltenen Galgen. Derartige Denkmale sind im nördlichen Wald- und Weinviertel und in der Steiermark gehäuft anzutreffen. Ursprünglich hat es natürlich überall in Österreich Galgen gegeben, nur wurden sie in manchen Gebieten bis heute, entgegen der Anordnung Joseph II. alle Galgen zu zerstören, erhalten. Rund um die städtischen Ballungsräume sind keine Galgen mehr erhalten, in der Provinz konnten diese Objekte eher die Zeiten überdauern. Interessant ist, daß es mehrere Orte gibt, wo sich zwei Galgen in unmittelbarer Nähe erhalten haben (z.B. Mariahof und Neumarkt in Steiermark). Die Übersichtskarte zeigt den Standort, aller hier angeführten und noch vorhandenen Galgen: Bauweise Die Baumaterialien der Galgen sind an die jeweils zur Verfügung stehenden Rohstoffe angepaßt. In Gegenden mit zahlreich vorhandenen Steinen, wie im Waldviertel, Oberösterreich und im alpinen Raum wurden gerne Bruchsteine oder behauene Granitblöcke (Kirchberg, Kautzen, Weitersfelden) verwendet. Im steinarmen Weinviertel hat man Ziegel als Baumaterial vorgezogen. Es hat auch Galgen gegeben, die ausschließlich aus Holz erbaut waren, von diesen sind natürlich keine Exemplare mehr erhalten geblieben. Die einfachste Galgenform besteht aus zwei Säulen (z.B. Kirchberg am Walde), die oben mit einem Balken verbunden wurden auf dem die Stränge angebunden waren. Andere Modelle weisen drei oder sogar vier Säulen auf, wobei man annehmen darf, daß dabei Prestigedenken und Wille zur Machtdemonstration von seiten der Herrschaft eine Rolle gespielt haben. Die Säulen selbst können entweder rund oder eckig (meist viereckig) sein. Nur der Galgen in Niederfladnitz besitzt fünfeckige Säulen, die Galgen in Kautzen und Unterzeiring achteckige. Eine Sonderform stellt der Galgen in Raabs an der Thaya dar, dieser besitzt überhaupt keine Säulen, sondern zwei parallele Mauern. Daneben können Galgen noch eine Umfassungsmauer besitzen (Arbesbach, Mariahof, Murau und Vranov), der Galgen in Irdning besitzt als einziger eine Umfassungsmauer mit einer richtigen Eingangstüre (nur mehr der Türstock ist erhalten). Verzierungen weisen die Rechtsdenkmale keine auf, nur der Galgen in Kirchberg wird von Steinkugeln bekrönt. Die Errichtung eines Galgens galt als unehrenhafte Handlung: die ins Korsett ihrer selbst aufgestellten Ehrenkodizes gepreßten und in Ständen organisierten Handwerker hatten damit zu rechnen sofort von ihren Standesgenossen geschnitten und ausgeschlossen zu werden, falls sie in irgendeiner Weise an der Errichtung eines Galgens mitwirkten. Gelöst wurde das Problem im allgemeinen dadurch, indem die Obrigkeit selbst symbolisch an der Errichtung mitwirkte und diese dadurch "ehrlich" machte, den Handwerkern zugesichert wurde, daß durch ihre Mithilfe ihre Ehre nicht befleckt werde und die Durchführung der Errichtung in einem strengen, feierlichen Zeremoniell ablief. Manchmal wurden auch alle Handwerker einer Stadt zwangsverpflichtet gemeinsam an der Aufrichtung eines Galgens mitzuwirken, damit keiner dem anderen etwas vorwerfen konnte. Im Artikel [Frieß85], ist unter anderem die Errichtung eines Galgens in Waidhofen a. d. Ybbs beschrieben. Tabellarische Darstellung Im folgenden wird eine Tabelle mit den baulichen Daten aller noch bestehenden ehemaligen Galgen gebracht.
Anmerkungen: 1) Abkürzungen: Jčk: Jihočeský kraj , Jmk: Jihomoravský kraj, Ktn: Kärnten, NÖ: Niederösterreich, OÖ: Oberösterreich, Plk: Plzeňský kraj, Slo: Slowenien, Stmk: Steiermark, Vys: Vysočina. 2) Name des ehemaligen Landgerichts, zu dem das Hochgericht gehörte, Schreibweise nach [LGK]. 3) Anzahl der vermutlich ursprünglich vorhandenen Säulen. 4) Eckenzahl der Säulen. 5) Zustand: weitgehend erhalten, Teile erhalten, rudimentäre Reste. Die folgende Tabelle gibt die Anzahl der erhaltenen ehemaligen Galgen nach Ländern an. Die Auswertung der Verteilung der noch erhaltenen Galgen ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, da manche Länder eventuell besser erforscht und erfaßt sind als andere und daher dort mehr Objekte bekannt sind.
Um die Bauformen der Galgen besser systematisieren zu können, wird hier eine Nomenklatur für "Formeln" vorgeschlagen, welche Galgen beschreiben. Eine solche Formel besteht immer aus einem oder mehreren Buchstaben, die das Material des Galgens definieren, und zwar 'S' für Steine, 'Z' für Ziegelbauweise und 'H' für die (ehemalige) Verwendung von Holz. Danach folgt die Anzahl der Säulen und, durch einen Punkt getrennt, die Anzahl der Ecken der Säulen. Hat der Galgen eine Unfassungsmauer, wird das durch ein ‚°’ am Ende der Formel symbolisiert. Die folgende Tabelle listet die verschiedenen Bauformen der noch in Österreich vorhandenen Galgen, nach deren Häufigkeit sortiert, auf (Galgen, bei denen kein Hinweis auf die ursprüngliche Säulenanzahl besteht, wurden nicht berücksichtigt). Wie man erkennen kann überwiegt die einfache Bauform mit zwei viereckigen Säulen aus Steinen, Ziegeln oder gemischtem Material mit dreizehn Vorkommen. Kompliziertere Bauformen treten nur vereinzelt auf.
Literatur Im folgenden soll ein Überblick über die ein größeres Gebiet und nicht nur einzelne Objekte behandelnde Literatur gegeben werden. Für Tschechien existiert ein Artikel ([Wojtu05]) von Daniel Wojtucki. Für die Steiermark gibt es umfangreiches Material von Hermann Baltl ([Baltl57]). Für Niederösterreich gibt es Übersichtsartikel von Hermann Steininger ([Stein73]), und fast im selben Wortlaut den Artikel [Stein76]. Aber auch hier wird z.B. fälschlicherweise der Galgen in Döllersheim als existent aufgeführt, obwohl dieser seit 1903 abgetragen ist. Für das Burgenland existiert der Artikel [Schmi62]. Aus diesem geht hervor, daß im Burgenland anscheinend keine Galgen mehr vorhanden sind. Der Artikel [Litsc70] deckt die Galgen und einige andere Rechtsdenkmäler in Oberösterreich ab. Kärnten wird in [Messn97] von Maximillian Messner ausführlich behandelt. Literatur über Galgen im Ausland findet man z.B. für Südwestdeutschland in [Fröli38], für den ehemaligen deutschen Osten in [Fröli46], für Hessen in [Riebe88] und für Schlesien in [Hellm23], [Wojtu99] und [Wojtu04]. Beschreibung der einzelnen Objekte Folgend werden existierende oder abgekommen, aber gut dokumentierte Galgen, aufgeführt. Alle Galgen wurden von mir bereist und dabei vermessen. Bei vielen Objekten ist aufgrund der unregelmäßigen Beschaffenheit derartiger Ruinen eine exakte Detailvermessung kaum möglich. Die Pläne stellen daher die grobe Form der Denkmäler dar, Maßangaben sind auf einige Zentimeter genau zu verstehen. Soweit möglich wurden Positionsangaben ermittelt und angegeben. __________________ 1 Es handelt sich hierbei um die Anzahl der jemals bestandenen Landgerichte. Die vielen Landgerichte entstanden durch Teilung aus einem guten Dutzend sehr großer landesfürstlicher Gerichte. Die höchste Anzahl an Sprengeln wurde in Niederösterreich im 17. Jahrhundert erreicht, ebenso die weitgehendste Ausübung der Justiz durch Grundherren, danach verringerte sich die Zahl durch Fusionen wieder und der Einfluß des Landesfürsten bzw. Staats nahm kontinuierlich zu. Im Jahre 1848, zur Zeit der Aufhebung der alten Ordnung, bestanden in Niederösterreich noch 208 Gerichte. Siehe dazu [LGKE2-1; S. 10-12, 24]. Zum Vergleich: 2012 bestand Niederösterreich aus 573 politischen Gemeinden. Objektliste: Galgen Arbesbach, Galgen Aschach an der Donau, Galgen Bečov nad Teplou, Galgen Birkfeld, Galgen Blatná, Galgen Chvalšiny, Galgenreste Doksy, Abgekommener Galgen Döllersheim, Galgenreste Donnersbach, Galgen Eberstein, Galgenpfostenlöcher Engelhartszell, Galgen Feldkirchen-Glan, Galgen Feldkirchen-Rabensdorf, Galgenreste Gföhl, Gerichtssäule Großkrut, Galgen Großpriel, Galgen Horní Slavkov, Galgen Irdning, Galgensäule Kautzen, Galgen Kirchberg am Walde, Galgen Kraig, Galgen Ljubno ob Savinji, Galgen Mariahof, Galgen Messern, Galgen Murau, Schafott Nepomuk, Galgen Neumarkt in Steiermark, Galgen Niederfladnitz, Galgen Oberstinkenbrunn, Galgen Obervellach, Galgen Pichl-Großdorf, Galgenreste Přimda, Galgen Raabs an der Thaya, Galgen Rannariedl, Galgen Rožmberk nad Vltavou, Galgenreste Šatov, Galgenreste Strakonice, Galgen Straßburg, Galgen Thannhausen bei Weiz, Galgen Třebič, Galgen Unterzeiring, Galgen Ústí nad Labem, Galgenreste Volyně, Galgen Vorau, Galgen Vranov, Galgenreste Weitenegg, Galgen Weitersfelden, Galgen Wilhelmsburg, Galgen Wolschartwald, Galgen Železný Brod, |